Freitag, 31. Oktober 2008

Jetzt neue Spezialblogs!

Da sich bei mir immer irgendetwas ändert, ohne dass ich es beabsichtige, ist auch dieser blog nicht davon verschont geblieben.

Bisher sind die Beiträge mehr Kraut und Rüben als eine einheitliche Sache. Und auch wenn das beste Essen im Bauch zusammen kommt, isst man es doch lieber, wenn es auf dem Teller schön appetitlich angerichtet ist. Darum haben verschiedene Themen jetzt verschiedene Adressen.

Das Hühnerthema ist ab jetzt hier zuhause. Dort würde ich gerne den einen oder anderen post schreiben, der mir bei der Recherche für meine Geschichte auffällt.

Die Karikaturen und Portraitskizzen, für den Fall dass ich wieder mal welche zeichne, kommen hier hinein. (Mein-facebook. Bin ich der einzige, der den Namen cool findet?).

Dann gibt es noch was für die Schattenkünstler unter uns. Ich habe da eine Idee wie ich den blog weiterführen könnte, aber mal sehen, vielleicht bleibt es auch beim ersten Post, wer weiss...

Und dann natürlich einen blog für die Geschichte mit dem Osterei.

Mir hat das Blog-basteln jedenfalls Spass gemacht.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Zwischen den Stühlen

Als ich im Kindergarten war, hatte ich Angst vor einem Spiel.

Das Spiel geht so: Angenommen, es sind 10 Kinder, dann werden 9 Stühle aneinandergereiht (Rücken an Rücken). Eine Musik läuft, die Kinder müssen um die Stühle herumlaufen bis jemand die Musik ausschaltet. Dann muss sich jeder so schnell wie möglich auf einen Stuhl setzen. Einer bekommt keinen Stuhl mehr und scheidet aus. Dann wird ein Stuhl entfernt, die Musik geht an, die Kinder laufen wieder um die Stühle herum und wenn die Musik ausgeht, findet wieder einer keinen Platz und scheidet aus. Bis nur noch ein Stuhl übrig ist und der Gewinner übrig bleibt.

Um die Pointe vorweg zu nehmen: Diejenigen, die den Stühlen nachrennen, sind diejenigen, die später das Falsche studieren, sich mit den falschen Menschen umgeben, die falschen Partner heiraten, die falschen Hobbies pflegen, die falschen Dinge denken und wie ferngesteuert den richtigen Wegen ausweichen. Manche rennen 40 oder 50 Jahre hinter den Stühlen her, bis sie merken, dass der Stuhl, auf dem sie sitzen, ihnen nicht gehört. Und wenn sie dann zwischen den Stühlen landen, verstehen sie die Welt nicht mehr, sind enttäuscht, beleidigt und verzweifelt. Und dann? Was dann?

Es gibt nur wenige Glückliche, die sich von Anfang an weigern, das Spiel mitzuspielen. Vielleicht sind es 2%. Vielleicht 1%. Oder sind es noch weniger? Wahrscheinlich. Das sind diejenigen, die in der Ruhe der Nichtachtung früh ihren eigenen Ort suchen mussten und ihn wahrscheinlich früh fanden.

Ich gehöre leider auch zu denjenigen, die - wenn auch mit schlechtem Gefühl dabei - sich um die Stühle gestritten haben. Wer sich einmal daran gewöhnt hat, tut sich mit dem Abgewöhnen schwer. Und die verplemperte Lebenszeit ist unwiederbringlich verloren.
Aber es gibt immer wieder Gelegenheiten auszusteigen. Denn, wie Döbereiner sagt, die richtigen Wege zweigen von den falschen ab. Hier ein bisschen aussteigen, dort ein bisschen aussteigen, und nach ein paar Jahren schaut alles schon ganz anders aus. (Aber die Jahre können ganz schön lang und hart werden...)

Wie geht es Dir? Bist du schon ausgestiegen? Sitzt du auf einem Stuhl, und bequem? Rennst du um die Stühle herum? Hast du Angst, dass plötzlich das Licht ausgeht und die Musik verstummt? Bist du darauf vorbereitet?

Eines ist sicher. Nur im Vakuum zwischen den Stühlen wächst die Fülle heran.

Freitag, 3. Oktober 2008

Chicken or Egg?

Do you know which came first, the chicken or the egg?

Answer:

A chicken is an egg´s way of making another egg.

***

So ähnlich ist es auch mit der Geschichte die ich schreibe. Das Drama von Leo, dem störrischen Osterei.

Über Jahre hinweg hat mich immer wieder ein inneres Bild verfolgt. Ich stellte mir ein Ei vor, wie es milliardenfach auf dieser Welt vorkommt. Wie geht es ihm?
Angenommen das Ei könnte hören und denken. Angenommen es könnte spüren. Angenommen, es könnte sich Gedanken machen, was um es herum vor sich geht. Angenommen, es würde erfahren, dass milliarden Eier getötet werden, bevor sie überhaupt die Chance haben zu leben. Angenommen, es würde erfahren, dass milliarden Hühner ihr ganzes Leben lang nicht mehr Platz zum Leben hätten als eine A4-Seite? Dass die Hühner milliardenfach als Legemaschine missbraucht werden? Dass sie keine Chance auf ihren Ursprung und ihre Bestimmung haben? Angenommen, das Ei würde all das wissen und könnte doch nicht reagieren, nicht weglaufen, nicht schreien, nicht reden oder sonstwie handeln? Angenommen niemand würde es hören. Angenommen, dem Ei würde eingeredet werden, dass all das doch gar nicht wahr wäre. Dass die Welt gut und schön wäre und dass es sich all dies nur einbildete? Würde das Ei daran glauben und lieber die Augen und Ohren zumachen? Würde es sich entscheiden, blind und stumm zu bleiben?
Oder würde es sich gegen die äusseren Einflüsse entscheiden und darum kämpfen, das eigene Leben zu bekommen?

Ich habe dieses innere Bild vergessen. Dann habe ich versucht, es zu artikulieren. Ich habe es gespürt, aber es beschreiben konnte ich nicht. Dann habe ich das Bild verdrängt. Ich habe es gehasst, weil es mir die Zeit gestohlen hat, die ich besser für wichtige Dinge verwendet hätte. Ich habe mich dafür geschämt. Welch eine kindische Geschichte! Ich sollte lieber eine vernünftige Geschichte schreiben, die sich zum Bestseller eignet. Warum nicht über einen virilen Helden, welcher futuristische Waffen besitzt, der den Bösewicht in einem furiosen Kampf besiegt, der über das Schicksal der Erde und der Menschheit bestimmt, gespickt mit Mord, Sex und Supergau? Warum nicht einen Kriminalroman, der in jede Schublade passt? Warum unbedingt dieses blöde Ei, dieses dämliche Küken, dieser lästige Vogel?

Erst nach Jahren kam der entscheidende Durchbruch. Das war der Übergang von der Impression zur Expression. Der Übergang von der Schwangerschaft zur Geburt. Der Schritt vom Aufnehmen zum Abgeben. Anstatt das Empfinden des Ei´s zu beschreiben habe ich begonnen, dessen Umfeld zu beschreiben. Gibt es noch andere Eier? Wo lebt es? Gibt es Menschen? Ein Mädchen kam dazu. Kelly. Dann noch eines. Ellie. Erwachsene. Eine Farm. Ein Veterinärmediziner, ein Journalist, ein Politiker. Noch ein Politiker. Eine Intrige. Ein Skandal. Eine Liebe. Ein Tod. Wo spielt sich alles ab? In welcher Zeit, in der Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft?

Vielleicht, wenn die Geschichte fertig ist, mag sie andere Menschen erreichen, und in den Köpfen und Herzen dieser Menschen das Bild eines Ei´s verankern, das so ist wie ich es gespürt habe. Vielleicht ist ein Buch und sein Autor nur das Werkzeug eines inneren Bildes.
Dann stimmt der Satz: "A chicken is an egg´s way of making another egg."